Die Suche nach dem Mittelpunkt der Erde

Inmitten der Landstraße klaffte eine Grube und schon so mancher war hineingestürzt. Der LKW - Fahrer hielt direkt am Rande und riskierte einen Blick in die Tiefe. Von unten hörte man ein Schluchzen und es wurde einem, wenn der Kopf an der richtigen Stelle saß, sofort klar; dort war jemand.

Sein Name war nicht bekannt, doch bekannt war, daß er sich als Landarbeiter verdingte. Also ein Bauer.

Man brachte einen Zaun heran um den Unglücksort zu markieren und eine Warnung aufzustellen. Viele Menschen halfen bei dem riskanten Vorhaben. Und es gelang.

Die Grube war gesichert. Samt dem Bauern. Und der rief nach Wasser, den Durst zu löschen. Ein Krug wurde herbeigeschafft und einer der Vorarbeiter mußte zur naheliegenden Quelle eilen, ihn zu füllen.

Dem armen Bauern in der Grube war es heiß geworden und in einem Schwall goß man den Inhalt des Kruges mitten in sein Gesicht um ihn zu erfrischen. Doch die Hilfe kam zu spät. Bevor das Wasser ihn erreichte, war er verdorrt, befand er sich doch nahe dem brodelnden Erdmittelpunkt.

Um schlimmeres zu verhindern, wurde das Loch mit grobem Kies zugeschüttet und man ließ eine marmorne Platte ein, mit der erinnernden Innschrift:

HIER STARB DER NAMENLOSE BAUER DEN HITZETOD. WÄRE ER DOCH AUF SEINEM HOF GEBLIEBEN! VIELLEICHT WÜRDE ER JETZT KORN MAHLEN UND EIN LIEDCHEN PFEIFEN. Der LKW - Fahrer aber legte einen Strauß Sellerie auf das Grab, sprach ein Gebet und erschoß sich.

1993