Rumpelhölzchen - ein Feuermärchen

Im Walde bei Pflöcknitz, wo sich Menschlein und Getreide zur Nacht vergrüßen, labte sich ein wurmstichig, hölzernes Wesen mit blakenden Zähnen am äonenschweren Unterholz. Eine Greisin, fast ohne Haupthaar, jedoch schwer behelmt sichtete es, wie es gleich einer Brandrodung die rauchenden Stümpfe der sowieso vollständig verkümmerten Hölzer abnagte und frug ohne Hintersinn, doch recht bedrohlich nach dem Grunde, worauf das Wesen, qualmende Strünke aufwirbelnd im Dickicht verschwand.

Pflichtbewußt, wie es sich für einen Untertanen geziemt, sprang sie, trotz ihres hohen Alters in flinken Galoppsprüngen zum Schlosse, um dem König, oder vielleicht einem seiner Lakaien hurtigst Meldung zu verrichten. Am Schlosse angelangt, stand sie vor verschlossenen Toren und einem Schild mit der Aufschrift: PACK DICH HURE!

Kaum gelesen, vernahm sie schon das krachende Saften der soldierten Blutpudel, welche im Blutrausch das Schloß bewachten und Bauernknochen knackten. Doch alte Frauen bekommen es manchmal mit der Angst zu tun. So auch sie. Auf schlotternden Beinen floh sie, ohne zu beachten wohin, direkt in den grottig, klagenden Wald und ehe sie sich versah, befand sie sich vor einer alten Hätte, welche lodernd brannte.

"Kein Wasserstrahl im dichten Laub! Kein Schaum, kein Mensch in lichter Näh! Was kann ich tun mit Altersgram? Und schmarren Händen hier zur Not?"

So stand sie da und flehte zu Gott, als sich eine Gestalt aus dem Fenster beugte und rief:

"Plärr nicht Suse, feuchter Lappen! Besinn dich auf das Element! Verkenne nicht die wahre Freude! Wenn zischend deine Hütte brennt!"

Gelähmt von der feisten Stimme und gedornt vom harten Waldesboden, wußte die Frau zuerst nichts mit ihrem Schrecken anzufangen. Doch sobald die Schockesnot sich senkte, durchdrang sie tiefe Furcht, welche in kausalitätenschwangerer Folge ihre Bandagen zum Bersten brachte. Doch fliehen wollte sie zudem nicht ein zweites Mal und ihre espig, pappigen Glieder erstarkten zu knöchernen Viadukten. Mit dem Mute des Alters und der Kraft der nicht vorhandenen Vitalität versetzte sie sich in multisklerose Schwingungen, welche sich sogleich in nie dagewesenen Beben darstellten und Flammen samt Behausung löschten. Wutentbrannte Reaktion kam zu Tage und Zorn, nicht zu verdenken:

"Mein Heim verlorn, mein Gotteshaus! Mein Brot verschüttet hier im Hain! Welch Gold soll löhnen diese Schmach? Geborner Gram, erlebte Pain?"

Arm aufgelebt und nicht konsumgeächtet, verstand die Greisin diese Worte schlecht und grübelte, was dieses Wesen wohl meinen sollte, wollte sie doch nur Hilfe bieten, im Jammertal der Feuersbrunst. So schallte sie voll mächtigen Zorns:

"Du heische Wurzel, Waldespflanze! Ein Brand könnt' nichten vielen Grund! Und hier im Dickicht schleimgen Laubes. Ergötzt du dich an brandig Kunst. Sieh, tauber Stumpen, willst du brennen! So brenn mit mir in lüstern Brunst! Und komm ins Tal der salben Braten! Eh du verzeihst, geb ich schon Kund."

Dies war wohl auch dem Rumpelhölzchen, der Name sollte nun auch genannt werden, eine kleines Stück gar doch zuviel. Es schäumte auf und qualmte bitter und brannte verendend dem Weiblein ein rußiges Mal in die Stirn, worauf sie starb, in hohem Alter.

1994