Im Rausche der Ballnacht oder Das Gebein

MORALLI / RICHTER

Die schrobene Tür klemmte sich zu einer quietschenden Orgie, die Zeremonie begann. Der Meister hob den Taktdolch.

Ein blankes Faß wurde hereingetragen. Knechte taten es und auf ihre Gesichte war ein Mal aufgemalt. Sie schritten aus und hoben das Faß auf einen Schemel.

Der Hocker barst, die Mannschaft schrie beherzt und die Dauben sprangen voller Hochmut in die wogende Gesellschaft und schleuderten den Saft an manch teuren Gehrock.

"Du Aas!", ein Meister tobte und zeraufte sich die Perrücke. Nun hob ein Tobenicht den Knüttel und schlug einen Kelch entzwei. Die Anderen fingen an zu toben und schlugen alles ein. Einer warf einen Hocker aus der Tür und dann wieder ins Fenster.

Tumultierend brach der Sturm drauflos, drohte zu dräuen, zu stieben und vieles mehr, bis einer das Fenster verschloß, die Drohung rief und seinen Stiefel in das Tanzpult schlug.

Ich möchte euch drohen, daß ihr alle einmal ein Fuhrwerk aus Orfeld kommen seht und hülflos es wieder fahren seht. Ihr werdet rufen aber, keiner wird wieder etwas zu euch rufen, so daß ihr darsteht in schärfster Nacht, mit einem Hunde angetan eure Hirne trocknen müßt.

Doch damit nicht des Guten noch genug. Ein Pilger wird euch ein Verfahren an den Hals zaubern, dem hohen Berg einen Grat entbrechen und im Troste der Dunkelheit die Burg zu einer Kate schrumpfen.

Und der Pilger war schon da und horchte an der Tür. Und er wußte jetzt genau was zu tun war. Er schleppte sich nach Orfeld zum Bahnhof und trug seynen Namen in eine Wunschliste ein.

Ein Zug fuhr jedoch nur eines Mals, im Monde Mai. Der Wunsch ward somit rein ein Wunsch. Der Bahnhof nun verschlossen, schlug dem Manne vieles aus dem Kopf und so konnt er reinen Geistes weiterziehn.

Er fühlte sich betrogen, sah eine Eule zum Bahnhof durch das Holz fliegen. Er wollte die Eule fangen und haschen und verirrte sich in einem Holzwerk. Ein Arbeiter schaute ihm direkt ins Herz. Er hatte ein kaltes Herz.

"Nein!" rief er "Nein!" Die große Säge rief ihm die Furcht zurück, die er verlorengegangen glaubte, als er mit dumpfem Schlachtruf hoch zu Rosse, das Eis zerbarst am Peipussee.

Er hatte sich eyne Fahne zu einer Rolle gerollt und schwang sie damals als eyne Diwanwaffe hoch über die Rücken der Reiter, die ihre Waffen auch in die Luft richteten, wie auf ein geheimes Kommando hin.

Und wie er nun seiner Träumerei verfallen war, schob sich der lärmende Pulk der festlichen Gesellschaft an ihm vorbei, die eine Hand erhöht zum Mörderschlage, verheerend folgend der Spur, die der Schankwirt mit sicherem Wissen aus seinen Fässern legte.

Und er trug auch etwas Blut in einer Kanne spazieren, als ein Pilger in Orfelder Tracht seinen Ruch verheerte. "Höre Wirt", er faselte "Ich hab hier ein Huhn, das wohl dem Tod erwachsen, ein paar kristallne Augen zum Herrn erheben soll." So begann er als er knickte.

Triumph durchstob den Manne. Dank seiner Worte ward des Herrn Kaftan vom Himmel herabgelassen und umhüllte ihn. Nun nicht mehr sichtbar, floh er des Pöbels und fand sich dargestreckt auf einer Matte.

Der Kaftan blieb an seinem Ort. Eines Huhn Spur verlor sich im Reich. Ein Briefmarkenmacher stand am Fenster und sah den Tag beginnen und freute sich. Er goß sich Honig aus einem Stein in einen Hut und wollte lachen und tanzen, als es an der Tür klopfte und er eines Huhnes Stimme fragen hörte.

"Wie geht es,daß du aus dem Steine Honig machst?" Verblüfft ob der Frage, schlug er die Tür in die Angeln, schob die Matte in das Loch an der Wand, sah den Hühnergott und folgte ihm zum Strande.

Doch aus Holz war der Karren und ebenso die Peitschen, die oben auf dem Dach der Kutsche lagen und zwei Bücher, von einem Hund auf Pappe aufgemalt und diese Leute wollten zum Strand und richteten ein Unheil schwerer Art an, als sie beteten und dadurch einen magnetischen Unfall herstellten.

Sofort rief man den Richter, er verlas das Urteil und es wurde an Ort und Stelle vollstreckt. Das Blut gab man dem Huhn zu saufen und ein Fest begann, das noch Jahre später seinesgleichen suchte.

Ein Pilger tanzte wie ein Huhn und alle mußten lachen und wurden herausgetragen vor Lachen und helle Fahnen fielen von den Wänden. So wurde gelacht.

Des Geldes nicht mehr reichlich, verscherbelte man die Schlachtbank, kopierte das Urteil 1000 und 1 mal, versandte es an reiche Höfe, stürzte den Zaren und hielt Einzug in Sankt Petersburg.

Ein Tank wurde erfunden und man hob eine Giraffe zum Zarjewitsch in die Stube hinein. Das Volk mußte lachen, als es die Giraffe sah. Doch da fiel ein Toter von einem Balkon, den jeder kannte. Fürst Slaw. Und das Fest war aus.

"Halt!" rief da der Hofnarr, stahl dem Russenkaiser das Zepter, bügelte seine Uniform, warf einen Amboss in den Sauenstall und verkaufte Rußland an Alaska.

Dem Zaren wurde Angst und Bange und er legte sich ein Wunder. Und er sah, daß es nicht gut war und legte sich auf einen Hund.

Und nun kam einer, der es besser wußte. Fürst Slaw von slawisch Slawonien.

Man nannte ihn auch 'Herr der Mücken', hatte er doch Gift in seinen Zähnen wie ein gemeiner Moskito.

Da begab es sich woanders, daß mehrere Meister ein Huhn verehrten. Das Bild von einem Huhn. Und ihre Zeremonien waren so umfangreich, so daß zahlreich Volk zu ihnen strömte und Zeit sehr knapp wurde.

Die Zeithuhn-Feier. Nun etwas mehr zu jenem Ablauf. Eine Uhr mit einem groben Eisen aus dem Kirchturm gebrochen, wird zeitgleich mit einem Huhn vermengt, die Zeit spielt dabei keine Rolle, der Balg an eine Hoftür geschlagen, bis daß es 13 schlägt.

Doch überall rollten Panzerwagen auf die Höfe, wo solcher Trieb sich führte. Und Waffen wurden ausgeteilt, so daß jeder Waffen hatte. Und Volk vergaß sich, wurde süchtig nach Ruhe und dann wieder nach Waffen, so Scheiße war die Regierung Slaws, bis jener starb an Stein. Und Unheil drohte aus der Reichs Eck.

Der Krieg begann, das Fest war zu Ende. Man schlug sich Bresche bis ins ferne Hinterland des Nordterretoriums, stahl Waffen bei den armen Hirten der Bergwelt, schmolz den Schnee der Hügel, staute die Wasser und schiffte sich ein.

Man rief die Hühner unter Waffen. Man goß Öl in Lampen und trug durchs Feld das Licht. Und Pilger wurden ausgesucht und stellten artig sich in eyne Schlange. Der König maß die endlos Zeitenläufe und ging zu Hof und Klo, wo er ein Lied erfand, das sang die tobende Nation.

"Hühner zur Stange, zur Steinzeit!" taufte man die Melodei und das Reich erbebte unter dem Schritt der gefiederten Legionen. "Schafft Platz, räumt den Weg!" rief der Brezelbecker und die Schlacht ward gewonnen.

Nun auch Orfeld ward vom Krieg verheert. Ein letzter Hund sah zum Fenster raus. Er hob ein Krüglein, leer von Wasser und legte sich zum Ofen hin. Da klopfte es am Fenster. Ein Pilger stand schwärend da, bewegte nur den kleinen Finger.

Dies war ein Zauber, den der fromme Wandersmann einst in den Schluchten Gothlands erlernte. Der Ofen sprang entzwei, der Hund verlor den rechten Hinterlauf und der Krug füllte sich mit dampfendem Wasser, in dem schwärend die Keule lag.

Ein Gott wies ihr den Weg, ein Bord in dem ein Buch sich regte. Erlegte Hand an wie mans ihm gelehrt und hob aus dem Buch einen Kranz aus 'VA', in dem ein Licht blinkte. Er drehte nun an stählerner Nuß und hörte Stimmen singen.

'Elektritium' nannte man das Zauberbuch. Auch manch ein andrer hatte dieses Glück, es auf dem Markte am Anger zu erstehen. Kostbar war es und gefährlich, soweit man die Kunst nicht beherrschte, am einzig richtigen Knebel zu drehen.

Dann sang eyn Chor und heulte wie aus der Schlucht und Krüge fielen hier zu Boden vor Angst und Bange und Schrecken. Ein Brunnen wurde nun gegraben, zu einer Wohnung wollte man sich zwingen, um Schutz zu haben in seltner Zeit. Man legte auch mit Fahnen aus, das Brunnenhaus.

Des Glückes Wasser hob man dort aus drohender Tiefe. Es hatte eine Wirkung, zu der man desgleichen suchen müßte. Träufelte man es auf ein Stück Blech, wurde dieses zu Gold, aus einem Hund machte es ein Huhn und benetzte man mit nur einem Tropfen ein Stück Scheiße, so wurde daraus Scheiße.

Das Volk kam zum Garten, es wollte nicht warten. Ein Pilger stand hier, aus Papier. Es hob die Figur, um dem Kurfürst Wohlwollen zu heucheln, der aus Orfeld herrschte, mit der Kanone aus dem Leben heraus. Doch aus der Stadt blickte die Figur herüber und ließ Tränen in seyne Augen treten, Staub und Tränen voll Sünde.

Doch Sünde heißt Macht und im Staube ward sie geboren. So konnte Markgraf Gerold die Hand zum Schlage gegen den Tyrannen richten und fortan herrschte Not und Gerechtigkeit im Lande Orfeld, sowie der Baal den Pabst ersetzte.